FP: ABM-Stelle ebnet Weg ins Marienberger Handball-Glück

Freie Presse vom 21.2.24, Andreas Bauer

„Fit bis zur Rente“ hieß eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, die Karlgeorg Frank vor genau 20 Jahren zum HSV 1956 führte. Inzwischen ist der gebürtige Annaberger längst Rentner, doch ein Ende seiner Tätigkeit ist nicht in Sicht.

Als Hallensprecher sorgt Karlgeorg Frank bei den Heimspielen der Marienberger Sachsenliga-Handballerinnen stets für Stimmung. Foto: Kristian Hahn

Marienberg - Nicht nur die Schüler haben gerade frei, sondern auch Karlgeorg Frank. Und er genießt die Ruhe. „Die Leute glauben ja gar nicht, wie stressig das ist“, sagt der 75-Jährige über seine Tätigkeit als Hallensprecher des HSV 1956 Marienberg. Aller zwei Wochen sorgt er bei den Heimspielen der Sachsenliga-Handballerinnen für Stimmung. „Als neutraler Beobachter hat man es leichter“, findet Frank. Er aber fiebert mit, brüllt die Namen der HSV-Torschützinnen ins Mikrofon und hat viele aufmunternde Sprüche für die Gastgeberinnen parat.

Jetzt, wo die Winterferien auch in der Sachsenliga eine Pause mit sich bringen, kann der gebürtige Annaberger kurz durchpusten. Dabei ist er ganz andere Herausforderungen gewöhnt, waren doch seine Aufgaben noch viel umfangreicher, als er 2004 beim HSV anfing. Eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM) namens „Fit bis zur Rente“ habe es damals gegeben, erzählt er. Problem war nur, dass in seinem Heimatort beim HC Annaberg-Buchholz, für den er jahrzehntelang als Sportler und Funktionär aktiv war, keine solche Stelle verfügbar war. In Marienberg aber schon. Dank seiner guten Kontakte zum damaligen HSV-Geschäftsführer Gerhard Schreiter nutzte Frank diese Chance.

Ausgelegt war die ABM-Stelle auf fünf Jahre. „Fit bis zur Rente“ hielt sie auf jeden Fall, denn der damals 55-Jährige bekam viel zu tun. Offiziell als Sportkoordinator angestellt, hatte Frank sein Büro an der Poststraße. Dort war er auch häufig anzutreffen, wenn es um bürokratische Dinge ging. „Zu meinen Aufgaben gehörten zum Beispiel die Organisation des Spielbetriebs und der Hallenzeiten, die Sponsorensuche und die Öffentlichkeitsarbeit“, erzählt Frank, für dessen Pensum aber eine 40-Stunden-Woche kaum ausreichte. Schließlich war er bald auch noch Vizepräsident des HSV und vor allem Übungsleiter an fast jedem Nachmittag der Woche.

Dass Frank die zweite Marienberger Damen-Mannschaft auf Anhieb in die Bezirksliga führte, kurz darauf die „Erste“ für eine Saison in der Verbandsliga betreute und bis vor wenigen Jahren auch dem Nachwuchs viele Tipps gab, liegt vor allem an seiner Erfahrung. Denn trotz einer Körpergröße von gerade mal 1,62 Meter hat er quasi sein ganzes Leben dem Handball gewidmet. Entdeckt wurde sein Talent bei einer Schneeballschlacht: „Mein Onkel war Handballer. Als er mich dort werfen sah, meinte er, ich solle es mal mit Handball probieren.“ Gesagt, getan – zumal Frank an der Schule ohnehin eine Arbeitsgemeinschaft besuchen musste. Bei Fortschritt Buchholz fing er mit 11 an, Tore zu werfen und seine Mitspieler in Szene zu setzen.


„Ich hatte sowieso viel zu erledigen. Also habe ich das Amt des Präsidenten auch noch übernommen.“
Karlgeorg Frank
Handball-Urgestein


Weil damals die meiste Zeit des Jahres noch Feldhandball auf Sportplätzen unter freiem Himmel gespielt wurde, fiel die Größe nicht ganz so ins Gewicht. „Man hatte mehr Platz. Es kam viel auf die Eins-gegen-eins-Situationen an, und die gehörten zu meinen Stärken – genau wie die Wurfkraft“, erklärt Frank. Über die Kreisliga habe er es als Spieler zwar nie hinausgebracht. Dafür war er bereits mit 19 auch als Übungsleiter erfolgreich – und später auch als Funktionär, der erst Schulturniere und letztlich den gesamten Spielkreis koordinierte.

Kurz nach der Wende verlor der gelernte Elektroinstallateur seinen Job. Statt als Betriebsrat anderen zu helfen, ihre Arbeit zu behalten, landete er selbst auf der Straße. Oder besser gesagt: in der Turnhalle, denn der Handball wurde nun noch mehr zu Franks Lebensinhalt. Als Gründungsmitglied des HCAB sowie des Stadt- und Kreissportbundes hatte er sogar beim Bau der Silberlandhalle seine Finger im Spiel. Eine Halle von solcher Dimension mit ähnlich großer Zuschauertribüne war ihm in Marienberg trotz aller Bemühungen nicht vergönnt, doch auch beim HSV hat Karlgeorg Frank viel bewegt – von 2013 nach dem altersbedingten Abschied von Günter Tautenhahn bis 2020 sogar als Vereinsoberhaupt. „Ich hatte sowieso viel zu erledigen. Also habe ich das Amt des Präsidenten auch noch übernommen“, so seine Erklärung.

Für sein Engagement ist der Annaberger schon zigmal geehrt worden. Zuletzt durfte er mit dem HVS-Ehrenwimpel für Verdienste um den sächsischen Handball die höchste Auszeichnung des Landesverbands in Empfang nehmen. Trotzdem denkt der 75-Jährige noch lange nicht ans Aufhören. „Ich bin immer voll dabei und will für Stimmung sorgen“, sagt der Hallensprecher voller Vorfreude aufs nächste Heimspiel der HSV-Damen. Ihn hat die einstige ABM-Stelle nicht nur fit bis zu Rente gehalten, sondern auch noch weit darüber hinaus.