FP: Talentschmiede Marienberg krönt Aufholjagd mit Bronze
Freie Presse vom 29. April 2024, Andreas Bauer, Fotos: Kristian Hahn
Nach einem Fehlstart in die Saison dürfen sich die HSV-Handballerinnen in der Abschlusstabelle der Sachsenliga über Rang 3 freuen. Großen Anteil daran hatten mehrere B-Juniorinnen, von denen eine im letzten Heimspiel herausragte.
Marienberg - Ist sie sonst bei Würfen von Handballerinnen im Teenageralter gefordert, so sah sich Helene Enger am Sonntagnachmittag mit deutlich älterer, stärkerer und erfahrener Konkurrenz konfrontiert. Die Sachsenliga-Frauen des MTV Dresden versuchten immer wieder, den Ball an der jungen Torhüterin des HSV 1956 Marienberg vorbei zu bekommen. Häufig hatte die 16-Jährige aber etwas dagegen. Selbst der zweit- und drittligaerfahrenen Egle Alesiunaite, die früher eine Zeit lang für Marienberg aktiv war, kaufte die Keeperin ein-, zweimal den Schneid ab. Mit zahlreichen Paraden brachte sie die Gäste zur Verzweiflung – und die zahlreichen HSV-Fans zum Jubeln.
Dass sich die Marienbergerinnen am letzten Spieltag mit einem 28:23-Sieg gegen die bereits als Vizemeisterinnen angereisten Elbestädterinnen Rang 3 in der Abschlusstabelle sicherten, war der gesamten Mannschaft zu verdanken. „Das war eins unserer besten Spiele in der gesamten Saison“, sagt Trainer Chris Tippmann, der sich über viele gelungene Kombinationen freute. Häufig führten diese zum Kreis, aber nicht immer endeten sie dort. Oft gelang auch noch der Extra-Pass, um eine völlig frei stehende Mitspielerin zu finden. So fanden die Gastgeberinnen früh in die Erfolgsspur. Und auch als aus einer 4:1-Führung nach knapp 20 Minuten ein 10:10 wurde, hatten die Fans nie das Gefühl, die Partie könnte kippen.
Zur Halbzeit lag der HSV beim 16:13 wieder auf Kurs. Angeführt von Rückraum-Ass Leonie Tinney, die mit sechs Toren erfolgreichste Werferin ihres Teams war, gaben die Marienbergerinnen diesen Vorsprung nicht mehr aus der Hand. Zu verdanken war dies auch vielen jungen Spielerinnen, von denen Lisa Rohrlapper, Sarah Martin und Martha Langer jeweils viermal trafen. Die letzteren beiden gehören zu jenen sieben B-Jugend-Spielerinnen, die im Laufe der Saison den Sprung zu den Damen geschafft haben. Einerseits war Tippmann aufgrund von Personalsorgen mitunter gezwungen, 16-jährige Spielerinnen als Aushilfe zu nominieren. Andererseits sieht der Coach durch diesen Schritt eine gute Möglichkeit, die Entwicklung junger Hoffnungsträgerinnen zu fördern – so wie im Fall von Helene Enger. Deren Heimdebüt gegen Dresden hatte zwar auch damit zu tun, dass Stammkeeperin Julia Kluge noch immer an den Folgen einer Rippenprellung laboriert. Allerdings wussten die HSV-Spielerinnen schon vorher, dass sie sich auf die B-Jugend-Keeperin verlassen können. Auswärts hatte sie schon zweimal ausgeholfen – und einen sicheren Rückhalt dargestellt.
Jetzt konnten sich die Fans erstmals in der Halle „Am Goldkindstein“ davon überzeugen, dass sich der Verein um die Zukunft im Tor keinerlei Sorgen machen muss. „Natürlich war ich mehr aufgeregt als sonst“, gesteht die 16-Jährige. Aber schon bald war die Nervosität vergessen. „Es kommt immer auf die ersten Bälle an“, sagt sie. Und weil sie dabei gegen die Dresdnerinnen meistens die Finger ans runde Leder bekam, stieg das Selbstvertrauen minütlich. „Dass es so gut läuft, hätte ich trotzdem nicht gedacht.“
Härter geworfen werde im Frauenbereich natürlich. Aber Neuland stellt das für die junge Lengefelderin nicht wirklich dar. Schließlich trainiert sie schon seit fast zwei Jahren mit Marienbergs Frauen. Und Angst kennt Helene Enger sowieso nicht. Das war schon so, als sie 2017 mit dem Handball begann: „Ich brauchte einfach ein Hobby und bin mal ins Training gegangen. Weil die anderen Angst hatten, ins Tor zu gehen, habe ich das gemacht.“
Aus der mutigen E-Jugend-Anfängerin ist eine Hoffnungsträgerin für die Zukunft geworden. Das trifft auch auf die anderen Eigengewächse zu, die der Verein allerdings behutsam aufbauen will. „Es ist schon geplant, dass sie kommende Saison vorrangig in der A-Jugend spielen sollen“, blickt Tippmann voraus. Zugleich werden Einsätze in der Frauen-Sachsenliga mit Sicherheit dazukommen. Schließlich bleibt der Kader, der nach einem Fehlstart mit 2:8 Punkten eine beeindruckende Aufholjagd hinlegte, nahezu unverändert. Die Spiele sollen außerdem helfen, vorhandene Schwächen auszumerzen. „Zum Beispiel müssen wir die Siebenmeter nochmal üben“, sagt Tippmann, nachdem sein Team am Sonntag bei acht Versuchen fünfmal scheiterte.
Der HSV spielte mit:
Amy-Aaliyah Knoch, Helene Enger, Kristin Tippmann-Wendrock (2), Martha Langer (4), Lena Kummich (3), Nikola Holeckova (2/1), Natalie Holeckova, Julia Kluge, Tereza Fritsche, Sarah Martin (4/1), Anna-Lea Schönherr, Lisa Rohrlapper (4), Emma Bielawny (3/1), Leonie Tinney (6)
Siebenmeter: HSV 8/3, MSV 3/3
Zeitstrafen: HSV 2, MSV 4